Editorial

Liebe Leser_innen,

Berlin ist eine Stadt, in der vieles gleichzeitig passiert. Das mag reizvoll sein. Genauso schnell kann es aber auch passieren, dass man den Überblick verliert. Das gilt insbesondere für die Kulturlandschaft der Stadt mit all ihren großen und kleinen Nischen. Doch nicht nur Konsument_innen haben mit dem Überangebot zu kämpfen – junge und weniger etablierte Künstler_innen sind davon ebenso betroffen. Viel zu oft gehen sie im Rauschen der Stadt einfach unter, ohne dass jemand Notiz von ihnen genommen hätte. Das ist schade. Schließlich sind gerade sie es, die Bestehendes in Frage stellen und Neues ausprobieren. Eben jenen Berliner_innen wollen wir ab dieser Ausgabe verstärkt unsere Aufmerksamkeit schenken.

Zu den Highlights unserer ersten Berlin-Ausgabe gehört der Musiker DAN BODAN, der in Berlin Zuflucht vor seinem Kunst-Studium gefunden hat. Neben einem einzigartigen Stilbewusstsein verfügt der Kanadier über eine beeindruckende Stimme. Sein Song „Aaron“ ist ein Hit und erschien vor kurzem auf dem New Yorker Label DFA. Wir sind fest davon überzeugt, dass DAN es einmal weit bringen wird und wünschen ihm an dieser Stelle für seine Zukunft alles Gute. Nicht minder vielversprechend ist das Popduo NADINE AND THE PRUSSIANS. Bei NADINE FINSTERBUSCH und BRUNO BAUCH sitzt einfach alles, vom Haarschnitt bis zu den Melodien. Wir haben uns mit den beiden getroffen, um mit ihnen unter anderem über ihre Zukunftspläne zu sprechen. Mit der Experimental-Band MAN MEETS BEAR hingegen führten wir ein unvorbereitetes Interview, in dem es neben den Nachteilen des Berühmtseins auch um ihre Liveshows ging. Diese sind immer ein besonderes Ereignis.

Berlin hat aber nicht nur aufregende neue Musikprojekte zu bieten. Auch in der Modeszene gibt es eine Vielzahl junger Talente. Nachdem wir in der ersten Ausgabe bereits den wundervollen VLADIMIR KARALEEV portraitiert haben, widmen wir uns diesmal der aufstrebenden Designerin REGINA WEBER. REGINA studiert seit einem Jahr Mode an der Kunsthochschule Weißensee und assistiert in ihrer Freizeit der Designerin SISSI GOETZE. Wir freuen uns sehr, euch REGINAS erste selbstentworfene Kollektion präsentieren zu dürfen. Fotografiert hat sie LENNART ETSIWAH, den wir euch im letzten Heft vorgestellt haben. Model gestanden hat ihm PAULINE SCHMIECHEN. PAULINE hat für uns einen Fragebogen über ihre Vorlieben und Interessen in Sachen Mode ausgefüllt.

Ein weiterer Hingucker dieses Hefts ist die Fotostrecke von MATTHIAS HEIDERICH. MATTHIAS hat ein Faible für Gebäude. Wie er uns berichtete, schätzt er an ihnen vor allem ihre Geduld. Im Gegensatz zu lebenden Motiven könne man stundenlang um sie herumschleichen und nach immer neuen Details suchen. Für unsere dritte Ausgabe hat uns MATTHIAS einige Fotos aus seiner Reihe „Stadt der Zukunft“ zur Verfügung gestellt, in der er das Hansaviertel am Tiergarten festgehalten hat.

Bei all der Liebe zu Berlin wollen wir aber das Geschehen außerhalb der Stadt nicht aus dem Blick verlieren. Entsprechend finden sich in diesem Heft Texte, die sich mit Künstler_innen und Phänomenen außerhalb Berlins befassen. Der Berliner DJ WARREN O’NEILL empfiehlt das neue Album des Dancemusic-Produzenten MADTEO, HENNING LAHMANN wiederum hat sich die vier EPs von OLD APPARATUS angehört, einem Kollektiv, dem es durch das Spiel mit Anonymität gelungen ist, Autor_innenschaft zu verwischen. PAUL SOLBACH hingegen geht der Frage auf den Grund, warum sich Black-Metal nicht zum hippen Trend eignet.

Besonders wollen wir uns an dieser Stelle bei den Betreiber_innen des deutsch-portugiesischen DIY-Labels MOUCA, AUGUSTO GÓMEZ LIMA un CHARLOTTE JOHANNA THIESSEN, bedanken, die für uns ein Mixtape zusammengestellt haben. Bands, mit denen sie befreundet sind und die sie sehr schätzen, sind dort vertreten. Herunterladen könnt ihr es euch auf unserer Internetseite www.cartouche-blog.de/mouca.

Es lebe Berlin!

Viel Spaß beim Lesen!

Die Redaktion von CARTOUCHE